Zuerst der Konkurs des schwedischen Unternehmens Renewcell, dem vermutlich größten und wichtigsten Unternehmen in Europa, das gebrauchte Bekleidung wieder zu Naturfaser umgewandelt hat. Die Eigentümer, darunter der Bekleidungsgigant H&M, haben die Finanzierung des Unternehmens vor dem Hintergrund schlechter Absatzzahlen nicht mehr weiter sicherstellen können. Unter den Kunden des Unternehmens ist der oberösterreichische Faserkonzern Lenzing. Auch Lenzing kämpft mit schlechten Absatzzahlen. Ein trauriger Tag für die Entwicklung einer nachhaltigen Textil- und Bekleidungswirtschaft in Europa.
Dann konnte im Europäischen Parlament keine Mehrheit für das an sich längst ausverhandelte Lieferkettengesetz gefunden werden. Vor dem ersten Versuch wurde die Abstimmung noch verschoben, beim zweiten Anlauf ist die Abstimmung dann durchgeführt worden. Eine Mehrheit für das Gesetz, das große Betriebe in die Situation gebracht hätte, Verantwortung für Ihre weltweiten Lieferketten zu übernehmen, konnte nicht gefunden werden.
Dass in derselben Woche die österreichischen Medien noch über die unfassbaren Mengen, die von den chinesischen Online-Händlern Shein und Temu mittels Frachtflugzeugen nach Europa und in die USA versendet werden, berichtet haben, hat den Reigen der schlechten Nachrichten noch vergrößert. Die beiden Online-Giganten benötigen täglich die gesamte Kapazität von über 100 Frachtflugzeugen in der Größe einer Boeing 777. Zollkontrollen werden durch die Versendung von Kleinpaketen unterwandert.
Also werde ich heute Positives berichten. Auch wenn es schlechte Nachrichten gibt, gibt es ausreichend gute: Unterschiedliche Dinge und Informationen rund um das Thema Bekleidung haben mich in derselben Woche wirklich beeindruckt. Dazu ist zu erwähnen, dass man für gute Nachrichten aus der textilen Welt auch nicht weit reisen muss. Viele geniale Dinge passieren praktisch vor unserer Haustüre.
Ich hatte in der vergangenen Woche ein spannendes Gespräch mit einem jungen Wissenschaftler an der TU, genauer am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften. DI Wolfgang Ipsmiller ist Chemiker. Er hat mich Anfang November sehr beeindruckt, als er in einem von der WKO (Wirtschaftskammer Österreich) über textile Kreislaufwirtschaft organisierten Seminar einen wirklich informativen Vortrag über den aktuellen Stand der Forschung und Technik gehalten hat. In seinem Vortrag hat er vieles, was ich sonst aus den unterschiedlichsten Quellen recherchieren muss, einfach und gut verständlich zusammengefasst. Das Studium der Fußnoten und der Literaturverweise in seiner Präsentation hat mich dann zu Publikationen geführt, die voller wertvoller Daten und wissenschaftlicher Erkenntnisse waren. Das jetzt geführte Gespräch mit Herrn Ipsmiller war mindestens genauso spannend und informativ. Mich hat begeistert, wie intensiv man sich an der technischen Universität in Wien mit der Erforschung und (Weiter-)Entwicklung der unterschiedlichen Recyclingtechnologien im textilen Umfeld befasst. Das Gespräch war dahingehend interessant, dass heute noch als unmöglich eingeschätzte Prozesse im Recycling von Natur- und Kunstfasern durch Forschung und Entwicklung in der Zukunft gelöst werden können. Zu diesen Themen zählt unter anderem das Aussondern von Farbstoffen oder die Tatsache, dass das Trennen von Mischfasern technisch durchaus lösbar ist. Das Gespräch hat mir aber auch vor Augen geführt, dass die notwendige Forschung tatsächlich passiert – und das bei uns in Wien an der Technischen Universität am Getreidemarkt.
Robotik hat die Textil- und Bekleidungsbranche noch nicht erreicht. Während in anderen Industrien, wie der Automobilindustrie, eine Fertigung ohne Robotik nicht mehr denkbar ist, herrscht in der Bekleidungsindustrie noch Handarbeit vor. Das will das Wiener Start-up „Silana“ ändern und hat sich zum Ziel gesetzt, Bekleidungsfertigung zukünftig vollautomatisiert möglich zu machen. Als ersten Milestone hat man die robotikgesteuerte, vollautomatische Herstellung von T-Shirts erreicht. Mit dieser Errungenschaft ist es den drei jungen Gründern aus Wien gelungen, internationale Finanzierungen für ihr Projekt zu finden. Aktuell sind die „Silanas“ in den USA, um von New York aus den weiteren Entwicklungen und vor allem auch die weiteren Finanzierungen voranzutreiben. Die Idee und die Errungenschaften dieser drei Bekleidungs- und Automatisierungsenthusiasten sind für mich ein echter Lichtblick. Automatisierung mit Roboterarmen kann die Herstellung von Bekleidung massiv verändern und das von mir immer wieder propagierte Ziel, Bekleidung erst dann zu fertigen, wenn die Bestellung schon ausgelöst ist und der Bedarf nachweislich besteht, zur Realität werden lassen. Dieses Konzept der „on demand Fertigung“ könnte dazu beitragen, dass die derzeitigen weltweiten Überproduktionen eingedämmt werden. Ich hoffe sehr, dass wir bald von den nächsten Milestones von Silana hören und lesen werden.
Der Carla Pop-up-Store auf der Mariahilfer Straße ist eine echte Erfolgsgeschichte. Vor einem Jahr wurde er eröffnet und sollte für drei Monate geöffnet sein. Jetzt ist er bald seit einem ganzen Jahr offen und freut sich bester Beliebtheit. Secondhand Shopping hatte bis zuletzt einen eher zweifelhaften Ruf. Es ist noch nicht lange her, da musste man in Österreich in den hintersten Ecken von wenig attraktiven Lagerhallen der Caritas oder anderer Organisationen stöbern, um halbwegs attraktive Secondhand Bekleidung zu ergattern. Ähnlich wie in den Szenebezirken in Berlin oder London kann man jetzt auch auf der Wiener Mariahilfer Straße Secondhand Bekleidung in einem Umfeld kaufen, dass attraktiv, sauber und sympathisch ist. Das ist aus dem Grund so wichtig, weil die Wiederverwendung bereits bestehender Bekleidung der erste und absolut wichtigste Schritt hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist. Es geht in der Kreislaufwirtschaft um die möglichst optimale und langzeitige Nutzung von Ressourcen. Die Wiederverwendung von bereits produzierter Bekleidung kommt hier an allererster Stelle. Darum ist diese Entwicklung so positiv, und sie passiert hier in Wien.
Am Ende meines Aufrufs zum positiven Denken möchte ich ein Buch vorstellen. „Rethink Mode“ hat mich fasziniert. Ein Buch, das man zu Hause haben sollte. Die beiden Autorinnen erklären auf eine sehr lockere und sympathische Art, wie wir alle mit dem Thema Mode umgehen sollten. Ein Buch, das vor allem zum Nachdenken anregt. Man lernt viele verschiedene Fassetten eines möglichen nachhaltigen Umgangs mit Bekleidung, von der Pflege über die Reparatur bis zur sinnvollen Weitergabe. Eine klare Leseempfehlung von meiner Seite und ein Buch, das mich positiv stimmt, dass Mode nicht immer problembehaftet sein muss, sondern richtig angegangen absolut Spaß machen kann.
]]>Am Mittwoch dieser Woche war ich noch völlig fassungslos darüber, dass der kleinste Koalitionspartner der Deutschen Bundesregierung seine Zustimmung zum Lieferkettengesetz in der EU verweigert. Die FDP – eine „Schwesternpartei“ der NEOS in Österreich, hat mit dieser Ankündigung die Zustimmung Deutschlands in der EU verhindert. Einen Tag später berichten die österreichischen Medien, dass auch der verantwortliche österreichische Minister Kocher von der ÖVP nicht zustimmen will. So ist es also. Die für die Abstimmung erforderliche Mehrheit durch Staaten, die zumindest 65 % der EU - Bevölkerung repräsentieren, wurde durch das Ausscheren von Deutschland und Österreich gekippt. Schweden und die Tschechische Republik hatten schon zuvor angekündigt, gegen das Gesetz stimmen zu wollen. Am Freitag dieser Woche wurde dann die Abstimmung in der EU vertagt, wohl um das über Monate und Jahre vorbereitete Regelwerk doch zu einem späteren Zeitpunkt noch beschließen zu können.
Was die Österreichische und die Deutsche Bundesregierung damit verhindert hat, wird viele große, global agierende Unternehmen in vielen unterschiedlichen Branchen freuen: Sie können ihre Profite weiterhin unbehelligt auf dem Rücken von sozial Schwachen erwirtschaften. Sie werden weiterhin nicht zur Verantwortung gezogen, wenn in ihrer Lieferkette Menschen unter völlig unwürdigen Lebensbedingungen an der Herstellung Ihrer Güter teilhaben. Auch dann nicht, wenn diese Menschen ZwangsarbeiterInnen sind. Und auch nicht, wenn Kinderarbeit nicht die Ausnahme, sondern weiterhin die Regel ist. Die global agierenden Konzerne können sich dann weiterhin ihrer Verantwortung entziehen, indem sie diese an ZwischenhändlerInnen oder andere AuftragnehmerInnen abwälzen. „Wir sind da nicht direkt involviert“, „wir können das nicht unmittelbar beeinflussen“. Ausreden wie diese werden weiterhin Anwendung finden, juristische Konsequenzen aber unmöglich sein.
Und dann sind da noch die Auswirkungen auf die Umwelt. Hier gilt das gleiche Prinzip. Was ich nicht weiß, das fällt auch nicht unter meine Verantwortung. Fehlt die gesetzliche Grundlage, werden auch hier weiterhin stark umweltschädliche Verhaltensweisen unverändert und vor allem weiterhin unbestraft fortgeführt werden.
Nur nichts an den derzeitigen Vorgehensweisen ändern – das muss wohl die Devise der beiden Regierungen sein.
Die internationale Textil- und Bekleidungsbranche samt ihrer Vorlieferanten ist in jeder Hinsicht einer der schmutzigsten Branchen weltweit. Der Umgang und die Bezahlung von Millionen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in den Herstellungsländern dieser Branche ist vielerorts menschenunwürdig. So ist die Bezahlung nach dem „living wage“ Prinzip, also der Auszahlung eines existenzsichernden Lohnes, in den wenigsten Ländern etabliert. Zwangsarbeit ist vor allem beim Anbau und der Ernte von Baumwolle ein gegenwärtiges Problem. Zwar ist Berichten der internationalen Arbeitsorganisation ILO zur Folge, das Problem der Zwangsarbeit in Usbekistan seit jetzt 2 Jahren besiegt, in China sieht die Situation allerdings gänzlich anders aus. 90 % der in China hergestellten Baumwolle kommt aus der Region Xinjiang. Das ist eine Region, die von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von „Nachhaltigkeitslabels“ nicht einmal besucht wird. Zahlreichen Berichten unterschiedlichster Organisationen und Medien zur Folge, basiert der dortige Baumwollanbau regelrecht auf dem System der Zwangsarbeit. Betroffen ist die dort unterdrückte, ethnische Minderheit der Uiguren.
So ist es auch kein Wunder, dass praktisch jede Berichterstattung im Zusammenhang mit dem geplanten Lieferkettengesetz von Bildern aus Textil- und Bekleidungsproduktionen dieser Welt hinterlegt war. Im Umkehrschluss: Ich habe keinen einzigen Bericht gesehen, bei dem andere Industrien im Zusammenhang mit dem Thema gezeigt wurden.
Unternehmen unserer Industrie bedienen sich sehr oft eigener Labels und somit ihrer eigenen Beurteilung, um ihr Vorgehen in der Beschaffung in einem positiven Licht darzustellen. Dazu kommt eine mittlerweile völlig unübersichtliche Anzahl von privaten Labels, die das Tun der Industrie bewerten und beurteilen. Die Anzahl und die Aussagen dieser Labels sind zwischenzeitlich so unübersichtlich, dass die Beurteilung selbst für geschulte und erfahrene Experten schwierig ist. Einige dieser Labels sind stärker, andere schwächer, sie beziehen sich auf die unterschiedlichsten Fassetten der Beschaffungskette. Viele Labels sind selbst zu sehr ertragreichen Geschäftsmodellen angewachsen. Sie alle können aber eines nicht verhindern: Nämlich, dass bis heute dem Phänomen des Greenwashings Tür und Tor geöffnet wird. Jeder Konzern darf auf seine Art von sich behaupten, er würde alles richtig machen. Wenn aber alle, alles richtig machen: Warum gibt es dann immer noch so viel Leid in der Lieferkette, warum sind Abwassersysteme hinter Färbereien noch nicht weltweit etabliert, warum werden in vielen Ländern immer noch stark gesundheitsgefährdende Chemikalien eingesetzt, warum darf es dann immer noch sein, dass Menschen in der Lieferkette in Armut leben, Kinder arbeiten oder Zwangsarbeit an der Tagesordnung stehen?
Die Antwort ist aus meiner Sicht: Weil die Bekleidungsbranche nach wie vor eine der am geringsten regulierten Industrien der Welt ist. Und hier braucht es Regeln.
Es sind zwei Argumente, die ich in den letzten Tagen im Zusammenhang mit diesem Thema gehört und gelesen habe:
Das eine Argument bezieht sich auf das Thema Überregulierung. Ich kann das verstehen. Wen man neue Regeln einführt, sollte man auch aus meiner Sicht, andere nicht mehr in die Zeit passende oder ineffiziente Regeln weglassen. Mir würden da ganz viele Regularien im Zusammenhang mit Arbeitszeit, Entlohnung und Arbeitsleistung einfallen. Dass Unternehmensvertreter bei jedem neuen Gesetz reflexartig Widerstand leisten, ist nicht ganz unverständlich. Was aber, wenn neue Regeln entstehen, die denen, die sich richtig, aufrichtig, gut und fair verhalten, einen Marktvorteil bescheren könnten? Was wenn, alle die, einen Vorteil haben, deren Geschäftsmodelle eben nicht auf Ausbeutung und massiver Umweltverschmutzung basieren. Ich finde es falsch und fahrlässig, ein so wichtiges Gesetz grundsätzlich abzulehnen, nur weil es ohnehin schon so viele Gesetze gibt. Nur weil es schon sehr viele Regularien gibt, sollen wir Ausbeutung von Menschen und Natur weiter unbestraft lassen?
Das zweite Argument, das vor allem von Seiten der österreichischen Politik vorgetragen wurde: Die Verantwortung würde von den Großen auf die Kleinen, also an die vielen in unserem Land ohnehin schon sehr belasteten KMU’s abgewälzt werden. Allerdings habe ich dafür keine genaue Erklärung gelesen, in welcher Form genau diese Abwälzung der Verantwortung passieren sollte. In der Textil- und Bekleidungsbranche sehe ich dafür keine konkreten Ansätze. Es sind in der Regel die kleinen Unternehmen, in deren Beschaffungsstrategien das Wohl von Menschen und der Natur einen hohen Stellenwert einnimmt. Wen will die Politik, die in diesem Fall auch stark von der WKO unterstützt ist, wirklich schützen? Ich kann es nicht erkennen.
Am Ende bleibt die Vermutung, dass sich die durchgesetzt haben, die am liebsten alles beim Alten belassen wollen, die eigentlich keine Veränderung, und somit auch keine Verbesserung der Lebensumstände der vielen Menschen in den Lieferketten unterstützen wollen. Das Konzept der Ausbeutung hat jetzt über viele Jahrzehnte hinweg für viele sehr gut funktioniert. Das gilt es offensichtlich zu bewahren.
Ich frage mich allerdings, wie wir die vielen zusätzlichen Herausforderungen in unserer Branche und in vielen anderen Branchen mutig bewerkstelligen wollen, wenn wir uns in der EU nicht einmal politisch einig gegen Ausbeutung in den Lieferketten bekennen wollen. Wie wollen wir die Herausforderungen der Klimakrise meistern, wie die SDG’s, die wir alle in der UNO beschlossen haben, wirklich erfolgreich umsetzen, wie eine erfolgreiche CO₂-Reduktion umsetzen?
Wäre es nicht einfach richtig, das Lieferkettengesetz so schnell wie möglich umzusetzen. Auch wenn es vielleicht noch Nachbesserungen benötigt. Schwachstellen könnten laufend evaluiert werden und den Anforderungen entsprechend angepasst werden.
Für’s Erste bleibt jedenfalls die Hoffnung, dass sich die verantwortlichen Politiker und Politikerinnen noch eines Besseren besinnen und Mitte Februar doch noch zu einer Einigung kommen.
]]>Es ist von entscheidender Bedeutung, dass staatliche Institutionen nicht nur Gesetze fördern, sondern auch in ihren eigenen Beschaffungspraktiken Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit priorisieren. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze im Zusammenhang mit der öffentlichen Beschaffung im Kontext der Bestrebungen zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
]]>In der aktuellen Gesetzgebung stehen bedeutende Veränderungen im Bereich der Nachhaltigkeit und Bekleidung an, die darauf abzielen, den ökologischen Fußabdruck der Textil- und Bekleidungsindustrie zu verbessern. In verschiedenen Blogartikeln, darunter "Die Pläne der EU im Green Deal", hat unser Team bereits detailliert über diese Thematik berichtet. Der Fokus liegt dabei auf den vorgeschlagenen Gesetzesänderungen im Rahmen von Circular Economy und Nachhaltigkeit.
Während der Gesetzgeber zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der "grünen" Transformation verschiedener Industrien, darunter auch die Textilbranche, vorschlägt, wirft dies zugleich die Frage auf, wie sich der Staat selbst als Einkäufer in dieser Hinsicht verhält. Diese Thematik wurde kürzlich im Kontext der Vergabe einer Rahmenvereinbarung für PKW durch die Bundesbeschaffung GmbH vor Weihnachten intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert.
Mit diesem Beitrag möchte ich mich an dieser öffentlichen Diskussion beteiligen und meine Gedanken dazu teilen, wie der Staat als Einkäufer eine aktive Verantwortung übernehmen kann. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass staatliche Institutionen nicht nur Gesetze fördern, sondern auch in ihren eigenen Beschaffungspraktiken Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit priorisieren. Dieser Beitrag beleuchtet die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze im Zusammenhang mit der öffentlichen Beschaffung im Kontext der Bestrebungen zu mehr Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
Wer ist die Bundesbeschaffung GmbH?
Die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) wurde im Juli 1997 ins Leben gerufen. Die Gründung erfolgte während der Amtszeit des damaligen Bundeskanzlers Viktor Klima. Die Gesellschaft ist zu 100 % im Eigentum der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Finanzen. Die BBG wurde gegründet, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Beschaffung für die Bundesverwaltung zu verbessern. Eine zentrale Stelle sollte geschaffen werden, die für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen für verschiedene Ministerien und Einrichtungen der Bundesregierung verantwortlich ist. Durch die Bündelung von Einkaufsaktivitäten und die Nutzung von Synergien sollte die BBG Einsparungen erzielen und die Qualität der Beschaffungen verbessern.
Dieser Beschaffungsvorgang wurde heftig diskutiert
Die BBG hat eine Rahmenvereinbarung zur Beschaffung von Personenkraftwagen geschlossen. Einer der fünf Vertragspartner ist ein österreichisches Unternehmen, das als Importeur für die chinesische Automarke BYD fungiert. Die Vergabe dieses Vertrags hat in der Öffentlichkeit zu erheblicher Diskussion geführt, wobei sowohl Kritik an der Beschaffung als auch offizielle Stellungnahmen der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) veröffentlicht wurden.
Selbstverständlich habe ich nicht nur die Kritik an der Beschaffung verfolgt, sondern auch die Erklärungen der BBG aufmerksam gelesen. In Anbetracht der öffentlichen Diskussion und der aufgekommenen Fragen ist es selbstverständlich, dass ich davon ausgehe, dass die verantwortlichen Damen und Herren der BBG auch bei dieser Beschaffung die bestehende Gesetzgebung vollständig und unmissverständlich beachtet haben.
Welchen Stellenwert haben Umweltaspekte bei Beschaffungsvorgängen?
Während es zweifellos wichtig ist, sicherzustellen, dass die BBG die bestehende Gesetzgebung eingehalten hat, stellt sich zusätzlich die Frage, ob die Handlungen im Einklang mit den Prinzipien der Umweltfreundlichkeit und einer nachhaltigen Entwicklung unseres Planeten stehen. Insbesondere in Zeiten, in denen weltweit verstärkte Anstrengungen unternommen werden, um Umweltbelastungen zu reduzieren und nachhaltigere Praktiken zu fördern, ist es von entscheidender Bedeutung, dass staatliche Beschaffungen nicht nur gesetzlich konform, sondern auch umweltverträglich sind.
Es gibt eine Reihe von Fragen, die in diesem Zusammenhang gestellt werden sollten und aus meiner Sicht auch offengelegt werden sollten:
Hier nur einige Vorschläge:
Oder wurden lediglich Basisdaten wie Zulassungsfähigkeit, Maße, Gewichtsangaben, Leistung und Werte wie die zu erwartete Reichweite im Betrieb und andere technische Daten erhoben?
Welche Rolle spielt der „NABE“, der Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung?
Unter dem Slogan „Die öffentliche Hand zeigt’s vor“ und heute finanziert durch das Bundesministerium Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie wurde von der Bundesregierung unter Werner Faymann im Juli 2010 der „NABE“, der Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung installiert. Auf der Webpage dieser Initiative können die nachhaltigen Beschaffungskriterien für die unterschiedlichsten Beschaffungsbereiche, darunter auch Fahrzeuge und Textilien nachgelesen werden. Bei Betrachtung eben dieser Kriterien wird offensichtlich, dass bezüglich der nachhaltigen Beschaffungsziele ein großer Nachholbedarf besteht und sowohl bei Fahrzeugen als auch bei Textilien Kriterien wie Kreislauffähigkeit oder Rezyklatanteile gänzlich fehlen.
Es stellt sich darüber hinaus die Frage, wie stark die Vorgaben und Richtlinien der „NABE“ tatsächlich in der Konzeption und Ausgestaltung öffentlicher Beschaffungsvorgänge Verwendung finden. Diese Frage ist nicht nur für Beschaffungen zu stellen, die durch die BBG durchgeführt werden. Auch die Vielzahl an Beschaffungsvorgängen, die von Ministerien, Ländern und Gemeinden direkt durchgeführt werden, sollte zumindest den von der „NABE“ vorgegebenen Kriterien entsprechen.
Wie sieht echtes Interesse an einer nachhaltigen Entwicklung aus?
Wenn der Staat wirklich daran interessiert ist, seine eigenen Vorgaben im Bereich der Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit ernst zu nehmen, wird er sich zukünftig mit genau diesen Fragen, und wahrscheinlich noch vielen weiteren, auseinandersetzen müssen. Die jüngste Diskussion um die Beschaffung von Fahrzeugen durch die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) wirft nicht nur einen Blick auf die rechtliche Einhaltung, sondern auch auf die ökologische Verantwortung staatlicher Institutionen.
Die Einbeziehung von Umweltaspekten und ökologischen Kriterien in den Beschaffungsprozess wird also entscheidend sein, um sicherzustellen, dass staatliche Ressourcen nicht nur effizient, sondern auch im besten Interesse der Menschen und der Umwelt genutzt werden.
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Dieser Artikel bietet einen detaillierten Einblick in die wichtigsten Fragestellungen, die sich bei der Gestaltung und Optimierung der Wertschöpfungskette ergeben. Außerdem gibt er Auskunft darüber, wie Sie in einem Beratungsprozess der CMB – Beratung profitieren und wie wir Ihnen nachhaltig und effizient helfen, bewusste Entscheidungen hin zu einer echten „Wert – Schöpfungs – Kette“ zu treffen.
Die Wertschöpfungskette ist ein Begriff aus der Betriebswirtschaftslehre und beschreibt den gesamten Prozess, durch den ein Produkt oder eine Dienstleistung von der Rohstoffbeschaffung bis zur Endkundenbereitstellung geht. Dabei wird der Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung durch verschiedene Stufen oder Stationen im Herstellungs- bzw. Dienstleistungsprozess geschaffen. Man geht davon aus, dass der Wert eines Produkts oder einer Dienstleistung durch verschiedene Stufen oder Stationen im Herstellungs- bzw. Dienstleistungsprozess geschaffen wird.
Das unternehmerische Mindset beeinflusst die Leistungsfähigkeit, die Innovationsbereitschaft und die Flexibilität jeder Wertschöpfungskette wesentlich. Die Betrachtung des Mindsets aller beteiligten Akteure ist ein wesentlicher Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Gestaltung einer nachhaltig stabilen und wettbewerbsfähigen Wertschöpfungskette. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die strategischen Ziele und die Werte des Unternehmens ausreichend verfolgt und unterstützt werden. Eine gegenüber den Verbrauchern offengelegte Wertschöpfungskette beeinflusst auch die Markenaussage wesentlich. Es ist darauf zu achten, dass die gewählte Wertschöpfungskette die Markenwerte und -ziele maximal unterstützt.
Der Preis spielt naturgemäß eine zentrale Rolle bei der Entscheidung über die Wertschöpfungskette. Hierbei wird nicht nur der Endpreis des Produkts betrachtet, sondern vor allem die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette, einschließlich Rohstoffe, Produktion und Logistik.
Die verfügbaren Produktionskapazitäten beeinflussen direkt die Skalierbarkeit der Wertschöpfungskette, dabei gilt zu prüfen, ob die vorhandenen Kapazitäten den Marktanforderungen entsprechen und ob sie flexibel genug sind, um auf zukünftige Veränderungen reagieren zu können. Neben der Kapazität ist vor allem die erzielte Produktqualität zu prüfen. Die Qualität der hergestellten Produkte hat direkte Auswirkungen auf die Markenreputation. Wesentlich für die Gestaltung der Wertschöpfungskette sind die Definition und Einhaltung hoher Standards für die Herstellungsqualität und die entsprechende systematische Prüfung.
Das technische Fachwissen in der Fertigung ist ebenso ein Schlüsselaspekt wie die Verfügbarkeit von Technologie. Die Integration und Weiterentwicklung moderner Technologien in den Produktionsprozessen können die Effizienz steigern.
Es ist unverzichtbar, auf hochqualifizierte Mitarbeiter zugreifen zu können. Von entscheidender Bedeutung ist nicht nur die Verfügbarkeit geschulter Fachkräfte, sondern auch die Qualifikation des Führungspersonals.
Die politische Stabilität in den Produktionsländern hat erhebliche Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette. Gerade die weltpolitischen Ereignisse der letzten drei Jahre haben vielen Akteuren in unserer Branche auf schmerzlicher Weise gezeigt, wie wichtig es ist, das politische Umfeld und potenzielle Risiken zu identifizieren und entsprechende Entscheidungen zu treffen.
Darüber hinaus ist Corporate Social Responsibility (CSR) von zentraler Bedeutung. Die Berücksichtigung ethischer und nachhaltiger Prinzipien in der Wertschöpfungskette ist essenziell und ist sorgfältig zu bewerten.
Auch die Beschaffungsgeschwindigkeit, die Flexibilität und Agilität sind entscheidend, um rasch und gezielt auf Marktanforderungen reagieren zu können. Eine agile Wertschöpfungskette ist für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung von entscheidender Bedeutung.
Es gibt ein paar Schlüsselüberlegungen, deren Aspekte bei der Festlegung einer Wertschöpfungskette aus unserer Sicht von entscheidender Bedeutung sind. In der Praxis lässt sich immer wieder erkennen, dass gerade diesen Schlüsselüberlegungen viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Es geht um die wesentlichsten und wichtigsten Entscheidungen in diesem Kontext.
Der entscheidendste Faktor ist die Überlegung zur Fertigungstiefe innerhalb des Unternehmens. Unternehmen stehen vor der Wahl zwischen ausgelagerter Produktion und Eigenfertigung sowie der Möglichkeit, eigene Produktionsstätten über mehrere Beschaffungsstufen hinweg aufzubauen. In der gegenwärtigen Lage der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie ist es üblich, die Produktion zu externen Partnern zu verlagern. Damit wird Verantwortung in hohem Maße ausgelagert und abgegeben. Viele erfolgreiche Unternehmen entscheiden sich hingegen für den Aufbau einer Eigenfertigung, wodurch sie die volle Verantwortung für den gesamten Produktionsprozess übernehmen.
Die Entscheidung über die Materialverwendung ist ebenfalls von zentraler Bedeutung und umfasst die Auswahl zwischen Kunstfasern, Naturfasern und der Integration von Rezyklaten. Hier gilt es, eine klare Abgrenzung zu Rezyklaten aus Plastikflaschen zu vollziehen und Rezyklate ausschließlich im vollständigen textilen Kreislauf einzusetzen. Zusätzlich steht die Recyclingfähigkeit der eingesetzten Materialien im Fokus, um einen nachhaltigen Produktlebenszyklus zu gewährleisten. Die Nachweiserbringung bezüglich der Herkunft und ökologischen Verträglichkeit der Materialien spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Zum Thema Materialeinsatz verweisen wir auf weitere hier veröffentlichte Artikel, die sich mit der Thematik befassen und vertiefende Einblicke in die Diskussion um die Auswahl und Bedeutung von Materialien in der Bekleidungsindustrie liefern. Neben "Naturfaser, Kunstfaser oder Hybride? In welchem Material liegt die Zukunft einer nachhaltigen Bekleidungsbranche?" geht es vor allem im Artikel „Warum wir innovative Materialien für die Bekleidung benötigen“ um dringend erforderliche zukünftige Materialentwicklungen.
Die bewusste Anwendung von Chemikalien und Farbstoffen in der Textil- und Bekleidungsindustrie ist ein zunehmend bedeutender Bereich, dessen umfassendes Verständnis aktuell in den wenigsten Fertigungsbetrieben vorhanden ist. Jedoch wird die Kenntnis über diesen Themenbereich in Zukunft von essenzieller Bedeutung sein. Die Auswahl und Anwendung von Chemikalien sowie die Verwendung von Farbstoffen haben nicht nur direkte Auswirkungen auf die Produktqualität, sondern auch auf ökologische und gesundheitliche Aspekte entlang der gesamten Lieferkette. Daher ist es unabdingbar, dass Fertigungsbetriebe ein tiefgehendes Bewusstsein für die potenziellen Auswirkungen ihrer chemischen Prozesse entwickeln, um umweltfreundliche, nachhaltige Praktiken zu fördern und den steigenden Anforderungen an umweltverträgliche Produktion gerecht zu werden.
Ein bewusster Einsatz von Energie ist heutzutage wesentlich in der Fertigungsindustrie. Dies umfasst nicht nur die gezielte Optimierung des Energieverbrauchs, sondern auch ein tiefgehendes Wissen über die zugrunde liegenden Energiequellen hinter dem Fertigungsprozess. Die Auswahl und Herkunft der eingesetzten Energie beeinflussen nicht nur die ökonomische Effizienz, sondern auch die ökologische Nachhaltigkeit der gesamten Produktion. Ein fundiertes Verständnis darüber, von welchen Quellen die benötigte Energie stammt, ermöglicht es Fertigungsbetrieben, gezielt auf erneuerbare Energien umzusteigen und somit ihre ökologischen Fußabdrücke zu minimieren.
Die effektive Handhabung von Abfällen im Fertigungsprozess, besonders im Bereich der Konfektion, ist ebenfalls entscheidend. Abhängig von der spezifischen Art des herzustellenden Bekleidungsstücks fallen hierbei in der Regel Zuschnitts-Abfälle in einem Bereich von 15 % bis 25 % an. Die Frage, wie diese Ressource behandelt wird, ist von großer Relevanz für ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit.
Ein nachhaltiger Umgang mit Zuschnitts-Abfällen beinhaltet vor allem das Recycling. Die Entwicklungen von Technologien zur Verwendung dieses „pre consumer waste“ tragen dazu bei, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und den Kreislauf geschlossener zu gestalten. Die fortschreitende Digitalisierung und der Einsatz von fortschrittlichen Produktionsmethoden ermöglichen es zudem, den Materialverbrauch und damit verbundene Abfälle weiter zu reduzieren. Ein ganzheitlicher Ansatz zur Ressourcenoptimierung im Fertigungsprozess trägt nicht nur zur Umweltschonung bei, sondern kann auch kosteneffizientere Produktionsprozesse ermöglichen.
Eine besondere Bedeutung bei der Beurteilung der Wertschöpfungskette kommt dem Vertrieb zu. Einer der Hauptgründe dafür ist die Tatsache, dass Bekleidung in der Regel in allen Größen und angebotenen Varianten prompt verfügbar sein soll. Die dafür erforderliche Lagerhaltung führt zu enormen Kosten, vor allem deshalb, weil viele Produkte nicht verkauft und daher buchhalterisch abgeschrieben werden müssen. Die meisten etablierten Möglichkeiten zur Wiederverwendung oder Nachnutzung haben heute noch erhebliche Abwertungen der Produkte zur Folge. Die Herausforderungen der Kreislaufwirtschaft verstärken die Bedeutung des Vertriebsbereichs in der Beurteilung der Wertschöpfungskette wesentlich.
]]>Was wie eine Zukunftsutopie eines Nachhaltigkeits-Enthusiasten klingt, ist in Wahrheit die Zusammenfassung einer Mitteilung der Europäischen Kommission an das EU-Parlament zur Umsetzung des European Green Deals in der Textil- und Bekleidungsindustrie Europas. Das Papier wurde im März 2022 veröffentlicht und wird seither intensiv diskutiert.
Da hat man sich in der Tat viel vorgenommen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sich die EU-Kommission vorgenommen hat, schon bis zum Ende dieses Jahrzehnts die Treibhausgasemissionen um 55 % zu senken.
Was aber ist seither Konkretes passiert? Und wer soll die gewünschte Entwicklung vorantreiben? Wie sollen Ziele wie „Fast-Fashion kommt aus der Mode“ in die Realität umgesetzt werden?
Tatsächlich beschreibt die Kommission in diesem Papier auch konkrete und sehr tiefgreifende Umsetzungsmaßnahmen. Eine davon finde ich besonders erwähnenswert:
Allen voran und mein absolutes Highlight in den Umsetzungsplänen der Europäischen Kommission ist die geplante „Unterbindung der Vernichtung unverkaufter und zurückgegebener Textilien“. Konkret schlägt man eine „Transparenzverpflichtung vor, laut der große Unternehmen die Anzahl ihrer entsorgten und vernichteten Produkte, einschließlich Textilien, und deren weitere Behandlung im Zusammenhang mit der Vorbereitung zur Wiederverwendung, zum Recycling, zur Verbrennung oder Deponierung offenlegen müssen“. Die Kommission geht sogar noch einen Schritt weiter und behält sich vor, „Verbote für die Vernichtung unverkaufter Produkte“ einzuführen.
Wenn man jetzt noch den Mut hätte, eine zukünftige Rücknahmeverpflichtung für gebrauchte Bekleidung durch den „In Verkehr Bringer“ in den Raum zu stellen, dann hätten die vorgeschlagenen Maßnahmen noch mehr Umsetzungskraft. Das würde bedeuten, dass sich die gesamte Industrie ein völlig neues Geschäftsmodell entwickeln müsste. Der Weg hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft wäre vorbereitet. Innovationen, die derzeit mit nur mäßiger Geschwindigkeit vorangetrieben werden, müssten massiv beschleunigt werden.
Der allerwichtigste Punkt: Kreislaufwirtschaft in der Textil- und Bekleidungsbranche bedeutet: Aus Textil- und Bekleidungsprodukten werden wieder Textil- und Bekleidungsprodukte. Wenn heute von Bekleidung aus recyceltem Polyester gesprochen wird, so ist in den allermeisten Fällen das Recycling von PET-Flaschen gemeint. Ein solches Recycling entspricht aber nicht der eigentlichen Idee der Kreislaufwirtschaft, auch wenn Recycling von PET-Flaschen, die man von verschmutzten Meeresstränden sammelt oder auch aus dem Meer fischt, natürlich eine gute Sache ist. PET-Flaschen sollten aber wieder zu PET-Flaschen werden, und Textilien eben zu Textilien. Die Rückführung von Alttextilien in ein funktionierendes System, das den weiteren Kreislauf bestimmt, wäre der erste Schritt. Dabei spielt noch keine Rolle, ob die Textilien nie verkauft wurden, verkauft wurden, aber trotzdem nie in Gebrauch waren, oder ob sie am Ende ihres natürlichen Produkt-Lebens-Zyklus stehen, dem Verwender also nicht mehr gefallen, nicht mehr passen oder eben gebraucht, abgenutzt und verschlissen sind.
Die Sammlung von Alttextilien stellt die erste große Herausforderung dar. Wie Bekleidungshersteller und Händler mit nicht verkauften oder zurückgesendeten Produkten verfahren, darüber gibt es nur bedingt Informationen. Darum schlägt die EU-Kommission eine verpflichtende Offenlegung vor. Dem Konsumenten stehen für die Entsorgung seiner Alttextilien unterschiedliche Sammelsysteme zur Verfügung. Allerdings werden in Österreich derzeit doppelt so viele Textilien im Restmüll entsorgt, als in den Sammelsystemen abgegeben werden. 8 % des Restmülls sind textile Abfälle. Dadurch entstehen beim Sortieren des Restmülls technologische Herausforderungen, in automatisierten Sortieranlagen Textilien, als solche zu erkennen und mit darstellbarem finanziellem Aufwand auszusortieren.
Selbst wenn dieser Technologieschritt gelungen wäre, müssten die jetzt gesammelten Textilien wieder sortiert werden. Es geht im ersten Schritt um das Aussortieren von verwendbarer, wieder verkaufbarer Bekleidung. Nur wenige Sortiersysteme führen eine solche Aussortierung im Inland durch. In der Regel wird auch das Aussortieren ins Ausland ausgelagert, um die Kosten zu Minimieren. Auch hier ist Technologieentwicklung gefragt. KI-Systeme könnten die Sortierung übernehmen, die müssen aber erst entwickelt werden.
Sind die wieder verwendbaren Bekleidungsstücke aussortiert und der direkten Wiederverwendung zugeführt, stellt sich die nächste technologische Herausforderung. Die nicht mehr verwendbaren Bekleidungsteile müssen aufgrund Ihrer Faserzusammensetzung aussortiert werden. Baumwolle zu Baumwolle, Polyester zu Polyester und so weiter. Eine besondere Herausforderung stellen die vielen unterschiedlichen Mischgewebe dar, nicht nur, wenn zum Beispiel Baumwolle mit Kunstfaser vermischt ist, sondern auch bei unterschiedlichen Mischungen verschiedenen Kunstfasern.
Wenn dieser Technologieschritt erfolgreich umgesetzt ist, stellt sich die nächste Herausforderung ein: In der Regel sind wiedergewonnene Fasern, sogenannte „Rezyklate“ qualitativ minderwertiger als Ursprungsmaterialien. Das gilt für Naturfasern in gleicher Weise wie für Kunstfasern. Derzeit begegnet die Industrie diesem Problem mit Materialien, deren „virgin“ Materialanteil höher ist als der Materialanteil durch Rezyklate. Aber auch hier gilt es noch viele zukünftige Entwicklungen abzuwarten.
Will man die Sache positiv sehen, so ergibt sich für die Textil- und Bekleidungsindustrie in Europa durch die bevorstehenden Maßnahmen und Bestimmungen der Europäischen Union eine große Chance. Die Chance könnte in einer Spitzenreiterrolle in der internationalen Technologieentwicklung sein. Die gute Nachricht ist: Es gibt in der Tat sehr viele Forschungs- und Entwicklungsprojekte, deren Ziel die erfolgreiche Bewältigung der zuvor erklärten Herausforderungen und vieler weiteren Problemstellungen ist. Viele dieser Projekte sind auch mit EU Geldern finanziert, oder zumindest unterstützt.
Ob die Europäische Textil- und Bekleidungsindustrie diese Chance letztlich nützen kann, oder ob der Zug nicht schon längst abgefahren ist, wird die Zukunft zeigen müssen. Die Auslagerung von unzähligen Herstellungsbetrieben in den letzten Jahrzehnten und die Schließung vieler Ausbildungsstätten hat die Branche geschwächt und macht Technologieentwicklung nicht einfacher. Es gibt auch konkrete Beispiele, die logistisch schwierig zu bewerkstelligen sind: Wenn zum Beispiel Rezyklate in Form von Fasern in Europa hergestellt werden, aber für das Verspinnen zu neuen Garnen keine geeigneten Spinnereien mehr verfügbar sind, müssen die Rezyklate zur Weiterverarbeitung teilweise nach Indien oder in ein anderes fernes Land verbracht werden.
Der erste und wichtigste Schritt wäre, aus einer politischen Willensbekundung konkrete gesetzliche Rahmenbedingen zu machen. Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen sind dann für alle Stakeholder in der Industrie und für die Konsumenten in gleichem Maß verbindlich. Es ist leider kaum wahrscheinlich und schwer vorstellbar, dass die Industrie von sich heraus handelt. Der politische Druck wird erforderlich sein, um Veränderungen zum derzeitigen Vorgehen zu erwirken. Denn trotz aller Nachhaltigkeitskommunikation ist der Struktur unserer Industrie derzeit noch völlig unverändert und baut nach wie vor auf der gnadenlosen Ausbeutung von Menschen und Natur auf.
]]>Die Zukunft einer nachhaltigen Industrie liegt in der Kreislaufwirtschaft. Das trifft auch für die Textil- und Bekleidungsindustrie zu. Man versteht darunter die Wiederverwendung von bereits eingesetzten Ressourcen.
Und so sollte das funktionieren: Ein Bekleidungsstück wird am Ende seines Produktlebens nicht weggeworfen, sondern in ein neues, eben recyceltes Produkt verwandelt. In der Praxis ist das leider noch nicht ganz so etabliert, wie es sein sollte. Wir wollen das verändern!
Die Zukunft einer nachhaltigen Industrie liegt in der Kreislaufwirtschaft. Das trifft auch für die Textil- und Bekleidungsindustrie zu. Man versteht darunter die Wiederverwendung von bereits eingesetzten Ressourcen.
Und so sollte das funktionieren: Ein Bekleidungsstück wird am Ende seines Produktlebens nicht weggeworfen, sondern in ein neues, eben recyceltes Produkt verwandelt. Der Vorteil liegt darin, dass die eingesetzten Materialien wiederverwendet werden und nicht neu hergestellt werden müssen. Dadurch wollen wir Energie sparen, Ressourcen sparen und somit den negativen Einfluss der Industrie auf unsere Umwelt reduzieren.
Und doch stehen wir erst am Anfang einer noch lange nicht abgeschlossenen Entwicklungsreise, bis dieses Konzept tatsächlich umgesetzt werden kann.
Der nachfolgende Artikel soll helfen, das Konzept und die damit verbundenen Herausforderungen besser zu verstehen. Auch der aktuelle Stand der Entwicklungen in unserer Branche soll im Ansatz dargestellt werden.
Was definieren wir alles als Kreislauf
Zentraler Punkt ist die Ressourcenschonung. Der erste Schritt zum Kreislauf ist die simple Wiederverwendung. Nehmen wir als Beispiel Kinderbekleidung. Wenn getragene Kinderbekleidung, sobald sie zu klein geworden ist, weitergegeben wird. Dann ist das bereits Kreislaufwirtschaft. Weil dieser Prozess fast ohne Ressourceneinsatz stattfinden kann, stellt er sogar den allerwichtigsten Teil der Kreislaufwirtschaft dar. Je länger ein Bekleidungsprodukt in Verwendung ist, und nötigenfalls repariert wird, aber eben nicht weggeworfen wird, ist das der erste und allerwichtigste Schritt der Kreislaufwirtschaft. Kann das Bekleidungsteil einmal nicht mehr wiederverwendet oder repariert werden, dann sollte es im Sinne der Kreislaufwirtschaft wieder in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden können.
Biologischer und technischer Kreislauf
Im biologischen Kreislauf sollte das Bekleidungsteil wieder der Natur zurückgeführt werden können. Das sollte durch Verrottung stattfinden. Für den biologischen Kreislauf kommen somit vor allem Naturfasern in Frage. Hier ist auf die Verwendung von Farbstoffen und sonstigen oft chemischen Zusatzstoffen, die etwa für die Ausrüstung der Textilien eingesetzt werden, besonders zu achten. Vermutlich sind es den Farbstoffen und Ausrüstungschemikalien geschuldet, dass es nur sehr wenige bestehenden Kreislaufkonzepte gibt, die einen funktionierenden biologischen Kreislauf versprechen.
Im technischen Kreislauf wird das Bekleidungsstück in eine Vorstufe der Textil- und Bekleidungsfertigung zurückgeführt. Hier ist zwischen dem mechanischen Recycling und dem chemischen Recycling zu unterscheiden. Im mechanischen Recycling wird das Produkt zerkleinert und wieder zu einer Faser verarbeitet. Im chemischen Recycling kann das Endprodukt des Prozesses, das sogenannte Rezyklat entweder eine Faser oder auch die Vorstufe zur Faser, etwa ein Kunststoffchip oder Zellulose sein. In beiden Systemen ist es nach Stand der Technik allerdings heute noch nicht möglich, neue Produkte aus 100% Rezyklat herzustellen. Die Hersteller legen den genauen Anteil an Rezyklat gegenüber „virgin“ Qualität, also im herkömmlichen, linearen Herstellungsprozess gewonnene Rohstoffe nicht bekannt. Bei aktuell bestehenden Prozessen dürfte der Anteil von Rezyklat jedoch deutlich unter 30% liegen.
Wen betrifft der Kreislauf
Kreislaufwirtschaft ist ein Konzept, dass alle beteiligten Personen und Organisationen betrifft, die in den Herstellungsprozessen, im Gebrauch des Produktes und in die Verwertungsprozesse involviert sind. Im Fall der Textil- und Bekleidungsbranche zieht sich diese Kette von den Herstellern textiler Fasern inklusive deren Vorstufe, über die Garnhersteller, die Weber oder Stricker zu den Konfektionsbetrieben, dem Handel, dem Verbraucher, dem Sammelsystem für Abfälle über die Sortierer bis zu den Rohstoffhändlern.
Eine zentrale Rolle spielt der Hersteller des Bekleidungsstücks. Mit der Produktentwicklung und den dahinterliegenden „Design Guidelines“ stellt der Hersteller die Weichen für einen erfolgreichen Kreislauf. Das Bekleidungsstück sollte demnach nicht nur für einen langen Produktlebenszyklus entwickelt sein, sondern auch auf die technologischen Möglichkeiten der Weiterverarbeitung Rücksicht nehmen. Bekleidungsstücke sollte demnach aus nur einem Grundmaterial hergestellt werden. Allein diese Anforderung stellt die Industrie vor große Herausforderungen.
Der Hersteller sollte zudem Konzepte entwickeln, wie die in der Herstellung anfallenden Abfälle, der „pre consumer waste“, als Rohstoff wiederverwendet werden kann.
Optimalerweise entwickelt der Bekleidungshersteller auch Systeme, die dem Konsumenten den Anreiz bieten, das Bekleidungsstück am Ende seines Produktlebens wieder an den Hersteller zu retournieren.
Der Konsument selbst trägt durch sein Verhalten ganz besonders am Erfolg eines Kreislaufsystems bei. Der verantwortungsbewusste Konsument wird das Bekleidungsstück gut pflegen und lange in Gebrauch behalten, gegebenenfalls auch regelmäßig reparieren. Nach Gebrauch, oder wenn es zum Beispiel nicht mehr passt, also zu groß oder zu klein geworden ist, wird der verantwortungsbewusste Konsument das Produkt entweder weitergeben oder einem Sammelsystem übergeben. In manchen Fällen wird auch der Hersteller die Bekleidung zurücknehmen.
Ein erfolgreicher Kreislauf bedingt auch das Vorhandensein funktionierender Sammelsysteme. Es ist davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil an Bekleidung heute immer noch im Restmüll landet und somit nicht in die zwischenzeitlich in vielen Ländern existierenden textilen Sammelsysteme kommt. Auffallend ist auch, dass Bekleidungssammelsysteme meistens privat organisiert sind, während andere Altstoffsammlungen von öffentlichen Stellen abgewickelt werden.
Eine sehr wichtige Rolle kommt dem Recyclern zu, also den Unternehmungen, die sich eben darauf spezialisiert haben, aus verwendeten Rohstoffen wieder neue Rohstoffe zu erzeugen. Das können im Optimalfall die gleichen Unternehmungen sein, die den vergleichbaren Rohstoff auch in einem linear organisierten Herstellungsprozess anfertigen, Faserhersteller oder Hersteller von Kunststoffchips.
Ein sinnvoller Zwischenschritt in der Entwicklung
Es gibt vor allem in der Outdoorbekleidung zwischenzeitlich viele innovative Produkte, die zwar noch nicht durchgehend im Kreislauf produziert sind, aber deren Rohmaterial bereits ein recyceltes Produkt ist. Die Herstellung von Fasern aus Meeresmüll, Fischernetzen oder Autoreifen ist zwar kein Kreislauf im eigentlichen Sinn, diese Initiativen und Technologien helfen aber dennoch massiv, den Ressourceneinsatz für die Herstellung neuer Produkte sinnvoll zu gestalten.
Wenig innovativ ist hier Verwendung von recycelten Plastikflaschen vor allem deswegen, weil die Getränkeindustrie selbst einen 100%igen Kreislauf der Flaschen anstrebt und in vielen Ländern wohl auch bald umsetzen wird. Fasern aus recycelten Plastikflaschen sind zudem auch in Verruf geraten, nachdem bekannt wurde, dass Hersteller anstelle von „post consumer waste“ Plastikflaschen geschreddert haben, die noch nie im Umlauf waren.
Herausforderungen
An allererster Stelle muss hier der aktuelle Stand der Technologieentwicklung genannt werden. Wir sind heute eben technisch noch sehr weit weg, Kreislaufwirtschaft perfekt zu gestalten, also den Kreislauf zu 100% zu schließen.
Die Schaffung einer durchgehenden Kreislaufwirtschaft in der Textil- und Bekleidungsbranche bedarf aber vor allem der intensiven Zusammenarbeit verschiedener Stufen in der Lieferkette. Genau da sehe ich aktuell großen Handlungsbedarf, weil diesbezüglich der Dialog nicht intensiv genug ist. Vermutlich sind auch die Interessenslagen stark unterschiedlich. Offen ist in vielen Unternehmungen auch die Frage, wer für die Weiterentwicklung der Kreislaufstrategie die Verantwortung trägt. Es sollte eine zentrale Aufgabe des Managements sein, viel zu oft finden sich diese Themen aber eher in Marketingabteilungen, oder - was schon deutlich besser ist - in der Produktentwicklung.
Eine große Herausforderung ist auch die Frage nach dem Standort des Recyclingsystems. Sinnvoll wäre ein Standort in der Nähe der Verbrauchermärkte, weil dort fallen die Altbekleidungsteile als Rohstoff des Kreislaufes an. Leider sind aber eben in diesen Wirtschaftsräumen nur mehr sehr vereinzelt Herstellungsbetriebe in der textilen Kette zu finden, was bedeutet, dass die recycelten Rohstoffe wieder große Transportwege absolvieren müssen, um in den aktuellen Herstellungsländern wieder dem Kreislauf zugeführt werden zu können.
Nicht zuletzt muss auch erwähnt werden, dass derzeit kaum Informationen über den Energieverbrauch und den Anfall von Emissionen der Recyclingsysteme im Vergleich zu den linearen Herstellungsprozessen verfügbar sind.
Was können Hersteller schon heute tun
Wichtig ist es, schon jetzt die Schritte zu setzen, die technisch bereits machbar sind und alle weiteren Schritte bestmöglich vorzubereiten. Die Entwicklung von Bekleidungsprodukten für einen langjährigen Gebrauch ist der erste und wichtigste Schritt. Das Anbieten von Reparatur- und Rücknahmesystemen ist ein weiterer. Wenn dann alle Produktinnovationen auf nachhaltigen Ressourcen basieren, die ein zukünftiges Recyclen zulassen, kann dem Schließen des Kreislaufs in naher Zukunft nichts mehr im Wege stehen.
Closing the loop
„Closing the loop“ sollte demnach nichtmehr lange ein Schlagwort bleiben, sondern möglichst bald in vielen unterschiedlichen Projekten zur Realität werden. Es bedarf eines gemeinsamen Willens und der aktiven Zusammenarbeit einer Vielzahl von interessierten Menschen in unterschiedlichsten Stufen der textilen Lieferkette, um aus ebendieser Kette möglichst bald einen Lieferkreislauf zu machen
PRELOVED bei BREDDY’S
Mit unserem Preloved Programm gehen wir einen wichtigen Schritt in die Richtung Kreislaufwirtschaft. Indem wir first life und second life Hosen zurückholen und (wieder-)anbieten, schließen wir den Kreislauf unserer Produkte führen ihn weiter. Sie dir jetzt unsere Produkte im Preloved Shop an – und gibt einer Hose ein weiteres Leben!
]]>Die Betriebe haben eines gemeinsam, sie können Ihre Produktionsstandorte durch Technologieeinsatz in der Nähe Ihrer Headquarters halten und ausbauen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Eine höhere Flexibilität in der Fertigung, bessere Qualität, kürzere Leadtimes, höheres Knowhow nicht nur über die eigenen Prozesse, sondern über das gesamte Produkt. Unternehmungen, die Ihre Fertigung in abgesetzten Herstellungsbetrieben organisiert haben, sind diesbezüglich deutlich im Nachteil.
Erfolg durch Eigenfertigung in der Nähe der Verbrauchermärkte
Schon länger beobachte ich, Unternehmungen, die in der Bekleidungsindustrie eine hohe Eigenfertigungskomponente haben, also Werke vor Ort, oder zumindest in Europa betreiben, erzielen höhere Preise und haben die größere Chance Qualitäts- und Preisführerschaft zu erlangen. Wenn Sie darüber hinaus auch noch in der Lage sind, mehrere Fertigungsstufen abzudecken, verbessert sich diese Position noch deutlich.
Die Herausforderung liegt jedoch in der Verfügbarkeit von Technologie: In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Bekleidungsindustrie für einen Produktionsstandort Europa wichtig genug ist, oder gibt man sich zwischenzeitlich damit ab, dass die Industrie ohnehin schon zum größten Teil abgewandert ist. Dazu kommt noch die derzeit vorherrschende Stimmungslage in den hochentwickelten Ländern Europas, dass es ohnehin an allen Ecken und Enden an Fachkräften mangelt. Eine längst ins Ausland abgewanderte Industrie zurückzuholen scheint kein sinnvoller Plan zu sein.
Arbeitsplätze müssen attraktiv sein
Genau In der Gestaltung der zukünftigen Arbeitsplätze liegt die größte Chance für unsere Branche. Das Zusammenspiel zwischen Mensch und Technologie muss dazu führen, dass junge Menschen Interesse an dieser Arbeit entwickeln. Arbeit in der Textil- und Bekleidungsindustrie ist bis heute nicht attraktiv, weil sie klassischer Fließbandarbeit ähnelt und oft monoton ist.
Spezialmaschinen, die einzelne Fertigungsschritte mit einem hohen Automatisierungsgrad abwickeln gibt es schon.
Weiterentwicklung in drei Bereichen
Was in der der Bekleidungskonfektion aus meiner Sicht fehlt, und wo Technologieentwicklung am wichtigsten ist, sind Optimierungen beim Thema Materialfluss und Maschinenzufuhr und Kleinserienfähigkeit (Größen- und Farbanpassungen)
Die meisten Automaten müssen heute noch manuell angesteuert werden. Textile Einzelteile werden von MitarbeiterInnen mit großen manuellen Fertigkeiten vorbereitet und dem Automaten zugeführt. Gegen den Einsatz von Robotern in diesem Bereich spricht wenig, allerdings besteht nach wie vor ein Mindset, das den Umgang mit textilen Stoffen als „für Roboter“ schwierig definiert.
Die zweite Entwicklungsrichtung muss die Reduktion von Umrüstzeiten für Größen- oder Farbveränderungen sein, die heute noch dazu führen, dass die meisten Automaten zwar in der Lage sind, Aufträge mit großen Serienstückzahlen noch schneller abzuwickeln, aber bei der Herausforderung kleiner werdender Fertigungsstückzahlen nicht mehr effizient genug sind. Dafür sind die Umrüstzeiten zu hoch.
Auch der Einsatz von KI in der Ansteuerung der unterschiedlichen Automaten und somit einer Optimierung der Ablaufplanung muss entwickelt werden.
Fehlender Druck der Industrie
Das Festhalten an mittlerweile tradierten Vorgehensweisen, demnach Bekleidungsfertigung vor allem in Ländern mit billigem Lohnniveau stattfindet, wirkt sich auf zukünftige Technologieentwicklungen negativ aus. Es sind zu wenige Marktteilnehmer, die ein echtes Interesse daran haben, die Fertigungen wirklich wieder in die Nähe Ihrer Firmenstandorte, also auch in die Nähe der Verbrauchermärkte zu bringen. Solange der Druck der Industrie aber nicht stärker wird, werden auch wenige Automatisierungsschritte umsetzbar sein.
Handlungsfelder für kleine Unternehmen
Alle Faktoren, die in der Entwicklung und Technologisierung der Branche mitspielen wirken zu groß, als dass man als kleines Unternehmen einen Unterschied bewirken könne. Und natürlich - alle müssen sich weiterentwickeln, ihre Verantwortung erkennen und übernehmen, damit eine ganzheitliche Änderun zum besseren erfolgt. Trotzdem gibt es Entscheidungen, die man auch als kleines Unternehmen treffen kann, um bewusst in die richtige Richtung zu zeigen. Wir bei BREDDY'S produzieren aus Überzeugung in Europa in Zusammenarbeit mit kleinen Familienunternehmen. Bis 2030 wollen wir außerdem einige Arbeitsschritte automatisieren, um Kleinserienfertigung und spezifischere Kundenwünsche realisieren zu können. Wozu das gut ist? Wenn nur produziert wird, was wirklich gebraucht wird, dann bleibt am Ende nicht nur weniger Abfall übrig, was den Planeten entlastet, sondern das Objekt, in unserem Fall die BREDDY'S Hosen, passen unseren Kund*Innen noch besser und begleiten sie dadurch noch länger.
Mit unsere geplanten Automatisierung streben wir also eine Win-Win Situation für Planeten und Menschen an!
Wie machen wir das?
Damit unsere großen Ziele tatsächlich wahr werden, legen wir viel Wert auf engen Austausch mit unseren Produktionspartnern und Händlern, darüber hinaus beteiligen wir uns an Forschungskooperationen in den Bereichen Textilproduktion und Prozessoptimierung.
Und nicht zu letzt machen wir natürlich auch das, was wir immer machen: Tüfteln und Denken, wie man sich ständig Verbessern kann, als Unternehmen, Dienstleister und Produzent.
Langsame technologische Weiterentwicklung
Billige Preise für den Konsumenten entstehen in der Regel auf zwei Wegen: Wenn Produkte in großen Mengen aufgrund eines hohen Automatisationsgrades maschinell gefertigt werden, dann können Massenartikel auch fair und billig hergestellt werden. In der Regel trifft das in der Textil- und Bekleidungsbranche nicht zu. Das Herstellungsprinzip in unserer Branche ist im Grund seit hunderten von Jahren dasselbe. Aus einer Faser wird ein Garn gesponnen, daraus ein Stoff gewebt, oder gestrickt. Fasern, Garn oder das fertige Textil werden gefärbt und oftmals ausgerüstet. Dann wird das Material zugeschnitten und nach einem gewissen Schnittmuster zusammengenäht, endgefertigt, oft gebügelt. Die Technologieentwicklungen der letzten 200 Jahre sind überschaubar. Mit nur wenigen positiven Ausnahmen, wie zum Beispiel in der Flachstricktechnologie dümpelt die Innovationsentwicklung unserer Branche vor sich hin. Zu einfach ist es nach wie vor, Nähmaschinen in Länder zu verbringen, in denen die menschliche Arbeitskraft zu verheerend billigen Konditionen verfügbar gemacht wird. Ein Innovationsdruck besteht hinsichtlich der Fertigungstechnologien nicht… (in einem meiner nächsten Artikel an dieser Stelle werde ich mich ausführlicher mit dem Thema Technologieentwicklung in den letzten 40 Jahren in der Textil- und Bekleidungsindustrie beschäftigen).
Ausbeutung von Mensch und Natur
Der zweite Weg zur Erzeugung von Billigprodukten hat immer etwas mit Ausbeutung zu tun. Und in diesem Bereich bewegt sich unsere Branche. Die Ausbeutung betrifft Menschen, Tiere und die Natur in gleicher Weise.
Menschen betrifft es nicht nur dort, wo in Billiglohnländern Hungerlöhne bezahlt werden, sondern auch dort, wo Arbeiterinnen und Arbeiter und viel zu oft leider auch Kinder tagtäglich völlig ungeschützt hochgiftigen Färbe-, Gärb- oder Bleichstoffen ausgesetzt sind die zu guter Letzt auch noch ungefiltert in die Flüsse der Region abgeleitet werden.
Praktiken wie das leider immer noch weitverbreitete Mulesing bei Schafen machen deutlich, dass in unserer Industrie auch Tiere massiv von der Ausbeutung betroffen sind – gerade in einer Zeit, in der Merinowolle als hochkomfortable und funktionelle Naturfaser weitverbreitet ist. Eine weitere höchst problematische Form der durch unsere Industrie verursachten Tierquälerei ist das Lebendrupfen von Gänsedaunen, sehr oft auch in Verbindung mit der weitverbreiteten Stopfmast.
In der durch Monokulturanbau geprägten landwirtschaftlichen Erzeugung von Naturfasern wird durch den Einsatz künstlicher Düngemittel und Pestizide die Ausbeutung an der Natur offensichtlich. Auch hier werden unter dem Deckmäntelchen der Effizienzsteigerung Kosten und Mühen gespart, die bei verantwortungsvollem Umgang mit den Böden entstehen würden. Bodenbewirtschaftung nach den Prinzipien der Permakultur ist aufwendiger, natürliche Düngemittel sind teurer als künstliche. (mit den verheerenden Auswirkungen der durch Monokultur geprägten Baumwollindustrie auf die Umwelt habe ich mich an dieser Stelle in einem meiner letzten Artikel befasst)
Es gibt keine Ausnahmen
Aus meiner Sicht gibt es keine Ausnahmen:
Nachhaltig ist nie billig – den irgendjemand zahlt den Preis immer. Und da hilft es auch nicht, wenn durch eine Vielzahl von vorgeschobenen Zertifizierungen der Anschein eines nachhaltigen Produktes erweckt wird. Das System bleibt immer das gleiche.
Ein Ausweg aus der Misere ist einerseits in technologischer Weiterentwicklung zu finden, liegt aber auch in der Tragedauer unserer Bekleidungsstücke. Der Preis liegt als auch in der Veränderung des Umgangs mit dem Thema Mode, mit der Veränderung unserer Tragegewohnheiten und somit in der Betrachtungsweise. Ein nachhaltig hergestelltes, vergleichsweise teureres Bekleidungsstück, das eine lange Tragedauer gewährleistet, kann in einer Langzeitbetrachtung deutlich günstiger sein als ein Billigprodukt.
]]>Es war sehr spannend zu sehen, wer an dieser zweitägigen Veranstaltung teilnahm, welche Organisationen, Behördenvertreter, welche Nationen aber vor allem welche Marken vertreten waren (und auch, welche nicht vertreten waren). Noch spannender waren allerdings die unterschiedlichen Lösungsvorschläge und Konzepte, die präsentiert wurden.
Einer der beeindruckendsten Vorträge war für mich die Vorstellung des Cradle to Cradle Konzeptes, das der österreichischen Herstellers WOLFORD präsentierte. WOLFORD hatte ein Cradle to Cradle Konzept entwickelt und dieses kurz davor auf den Markt gebracht. Das bemerkenswerte daran: WOLFORD hat sich für einen technischen Cradle to Cradle Kreislauf entschieden – und sich somit aus Überlegungen der Nachhaltigkeit Polyester als wichtigstes Material einzusetzen.
Im Veranstaltungssaal saßen rund 250 Experten, von denen sich jeder einzelne täglich mit den Themen der Nachhaltigkeit in unserer Branche befasst. Ich hatte erwartet, dass es genau an diesem Punkt zu Einwänden kommt, dass Kunstfaser kein Lösungsansatz sein kann. Aber nichts dergleichen geschah.
Und somit stellt sich die Frage: Ist der Einsatz von Kunstfasern unter Aspekten der Nachhaltigkeit zu rechtfertigen, oder sogar sinnvoll?
Dazu ein paar Zahlen
Laut einer im Jahr 2011 vom World Wildlife Fund veröffentlichten Studie werden rund 7% der jährlich weltweit geförderten Erdölmenge für die Weiterverarbeitung zu Kunststoffen verwendet, davon wiederum 10%, also insgesamt 0,7% der weltweiten Fördermenge für die Erzeugung von textilen Fasern. 93% der Fördermenge wird verbrannt, für Heizung, Kühlung, Antrieb von Maschinen sowie für weltweite Transporte verwendet. Textile Kunstfasern werden wiederum zu Endprodukten in den unterschiedlichsten Bereich verarbeitet, neben der Bekleidungsindustrie zählen die Automobilindustrie, die Möbel- und Heimtextilindustrie zu den Abnehmern.
Die Vorteile
Hauptargument für die Verwendung von Kunstfasern sind die Haltbarkeit und – zumindest was Polyester betrifft – die günstigen Herstellkosten. Das Thema Haltbarkeit macht in vielen Anwendungsbereichen auch tatsächlich Sinn. Produkte aus Kunstfasern haben in der Regel eine um vielfaches längere Tragedauer als natürliche Materialien. Dort wo technische Textilien zum Einsatz kommen, fehlt es sehr oft an geeigneten Alternativen natürlicher Herkunft. Angesichts der problematischen Herstellungsumstände vieler Naturmaterialien und den damit in Verbindung stehenden Schäden für Mensch, Tierwelt und Natur ist Naturmaterial nicht per se immer besser. (Zu den verheerenden Bedingungen, unter denen ein Großteil der weltweit hergestellten Baumwollfasern entstehen habe ich meinen letzten Blogbeitrag am 14.5.2021 verfasst)
Die Probleme
Hauptangriffspunkt ist der Beitrag zur Verschmutzung der Weltmeere durch Mikroplastik und die ewig lagen Verrottungszeit von Kunstfasern. Nicht zu vergessen sind auch die problematischen Umstände, unter denen weltweit der Rohstoff Öl gefördert wird. Umweltkatastrophen, wie die durch die Explosion der Ölplattform Deepwater Horizon im April 2010 im Golf von Mexiko, werden nicht unproblematischer, wenn man „nur“ 0,7% der Erdölfördermenge für Textilien verwendet.
Ich weiß, dass ich mich mit dieser Diskussion auf dünnes Eis begebe. Aber auch ich vertrete die Meinung, dass die Beantwortung der Frage nach dem Einsatz von Naturfaser versus Kunstfaser von unterschiedlichen Umständen in der Herstellung, der Anwendung, der Tragedauer, der Wiederverwendung und nicht zuletzt der Entsorgung abhängt. Und somit nicht eindeutig zu beantworten ist. Es gibt unzählige Beispiele dafür, dass Naturmaterialien sehr problematisch in der Herstellung und auch in der Wiederverwendung sein können. Jeder der sich zum Beispiel schon einmal mit der Fragestellung der Wiederverwendung von Schuhleder in einem Cradle to Cradle Ansatz befasst hat, wird das bestätigen.
Die Möglichkeiten
Wir sind also weiterhin gefordert, Alternativen zu den derzeitig marktbestimmenden Materialien Baumwolle und Polyester zu entwickeln, um für die Zukunft bessere Alternativen zur Verfügung zu haben. Es gibt bereits unterschiedliche Ansätze, dazu zählen zellstoffbasierende Fasern oder biobasierende Kunststoffe. Innovationen wie Polyamide aus der Rizinusbohne, Lederersatz aus Apfelkernen oder Zellstofffasern, Fasern aus Kaffeesud oder den Schalen von Zitrusfrüchten gehören zu den Materialien der Zukunft. Und ich freue mich schon heute darauf, welche Entwicklungen wir diesbezüglich in den nächsten Jahren noch kennenlernen werden.
]]>Die Nachhaltigkeitsszene in unserer Branche wächst jeden Tag. Das ist grundsätzlich gut! Es ist gut, dass viele Menschen und viele Unternehmer erkennen, dass sich die Bekleidungsindustrie weltweit in einer Sackgasse befindet. Und es ist gut, dass die Zahl derer, die darüber nachdenken, wie man es besser machen kann jeden Tag steigt. Es ist auch gut, dass eine steigende Zahl von Bloggern, Journalisten und Filmemachern die Missstände in unserer Industrie zum Thema machen.
Trotzdem: Ich muss es einmal loswerden: Ich kann die Verlogenheit nicht mehr ertragen. Es ekelt mich an, mit welchen fadenscheinigen Argumenten und welchen scheinheiligen Maßnahmen in unserer Branche versucht wird, nachhaltiges Image zu schaffen. Ziehen wir uns ein grünes Mäntelchen an, der dumme Konsument wird uns das schon glauben!
Es reicht aber nicht, wenn man „nur bei Tageslicht Fotoshootings macht“ um Strom für die Lampen zu sparen. Es ist auch nicht genug, wenn man ein Designstudio neben der Fertigungsstätte platziert, um Wege zu verkürzen. Es hilft auch nicht, wenn man sich die Umweltbelastung von Schiffsfracht schönrechnet. Es reicht auch nicht, wenn man sich auf einfache Zertifikate beruft, die man nie überprüfen kann oder wenn man sich über die Herkunft der Bekleidung in allen Vorstufen der Industrie einfach nicht informiert.